So war das nicht geplant. Hier sollte eigentlich etwas gänzlich anderes stehen. Ein Bericht über eine Comiclesung in der Kastanienallee zum Beispiel … oder ein Interview mit den Autor*innen eines spannenden Werkes. Oder ein Messebericht. Doch das beherrschende Thema der Medien und des Alltags bestimmt auch unser Ladenleben.
Dieser Blog war schon lange als Idee vorhanden und konnte nun unversehens durch Homeoffice verwirklicht werden. Vorerst soll er euch als Ersatz für unsere Beratung im Laden dienen. So können wir euch auch aus der Ferne über unsere Lieblingstitel auf dem Laufenden halten. Doch langfristig wird der Blog hoffentlich mit Reviews und Berichten noch viel reichhaltiger werden. So hat das Ganze vielleicht am Ende – wenn es überstanden ist – doch etwas bleibendes Positives. Wir sind natürlich froh, dass beim Berliner Senat Literatur einen so hohen Stellenwert zu genießen scheint und offenbar zur Grundversorgung der Bevölkerung gezählt wird. Welch ein Glück weiterhin für euch da sein zu können! Allerdings haben wir den gesamten Betrieb etwas herunterfahren müssen. Einige unserer Kolleginnen und Kollegen reduzierten bereits ihre Ladenpräsenz oder bleiben gänzlich zu Hause, weil das eigene Risiko oder das für Angehörige oder Mitbewohner*innen zu groß wäre.
Im Falle unseres Ladens im Europa Center mussten wir die Filiale leider gänzlich schließen, da sie neben der Drogerie das einzige Geschäft im gesamten Einkaufscenter war, das noch offen hatte (und mit Hygieneprodukten können wir dieser Tage nicht mithalten). Es herrschte die letzte Zeit vor Schließung eine Art Endzeit-Atmosphäre, wie man sie aus Videospielen kennt (na? wer erinnert sich an die Shopping Mall aus Silent Hill 3?).
Aber Katja, Alex, Lisa und Josi haben bereits die Zeit genutzt und mit Umbauarbeiten begonnen, damit das Herz eines jeden Comicfans dann bei Wiedereröffnung höher schlagen kann. Außerdem sind wir nun überall mit Plexiglasscheiben an den Kassen und comicwürdigem Mundschutz ausgestattet. Wie ihr seht, machen wir das Beste aus der Situation.
Wir sind aber (wie alle anderen Geschäfte auch) auf euch und eure Hilfe angewiesen. Es gibt ja bereits viele Aktionen in den sozialen Netzwerken, die auf die immense Bedeutung der Unterstützung von Kiezläden hinweisen. Gutscheine kaufen wäre dabei eine Möglichkeit (z.B. auf helfen.berlin). Die andere kommt in Form des Versandangebots vieler Geschäfte.
Wir freuen uns über jede einzelne Bestellung, über jeden verkauften Gutschein und über jedes freundliche Gesicht im Laden. Sei es auch nur kurz, um etwas Vorbestelltes fix abzuholen. Ihr helft uns damit weiterzumachen und könnt auch sicher sein, dass wir alles uns Mögliche dafür tun werden, damit eure Begeisterung für Comics weiter gefüttert wird.
Und solltet ihr die Beratung vor Ort wünschen, sind wir liebend gern weiterhin (natürlich mit dem nötigen räumlichen Abstand) in der Oranienstraße und der Kastanienallee zur Stelle und schlagen euch auch Alternativen vor, die zu eurem Geschmack passen. Gerade so entdeckt man doch unverhofft neue Leseerlebnisse, die ganz neue Serien und Welten auftun können. Da sind wir alle selbst in der Rolle der Leserinnen und Leser und versinken mit euch in diesem wundervollen Medium. Wir sind immens dankbar, dass uns dieser „persönliche Kontakt“ in Kontaktverbotszeiten erhalten bleiben kann.
Jüngst kam eine Familie zu uns in die Kastanienallee. Der Sohnemann hatte Geburtstag, und aufgrund der Umstände blieb er wie alle Kinder auch an diesem Tag ohne seinen Freundeskreis. Die Freude war groß, dass er sich bei uns etwas aussuchen durfte. Der Besuch im Comicladen wurde zu einem kleinen familiären Event. Comics als Seelentröster. Comics als Überbrücker in schweren Zeiten. Diese Momente werden uns in Erinnerung bleiben.
Wir bauen auf eure Unterstützung, eure Treue und auf dass wir gemeinsam die grafische Literatur weiter abfeiern. Denn „Augen, die zum Lesen geöffnet sind, lassen sich für die Vorstellungkraft nicht schließen.“(1) Und aus der Vorstellungskraft entsteht die Zukunft.
(1) Jan Ross in „Macht mich Bildung zum besseren Menschen?“ Die Zeit vom 16. Januar 2020